Ein Bezirksgericht in München hat entschieden, dass ChatGPT von OpenAI gegen das deutsche Urheberrechtsgesetz verstoßen hat, indem es Texte aus mehreren bekannten deutschen Liedern ohne entsprechende Genehmigung wiedergab.
Das am 11. November 2025 erlassene Urteil markiert das erste Mal, dass ein europäisches Gericht festgestellt hat, dass ein großes Sprachmodell Urheberrechte verletzt hat, indem es geschützte kreative Werke auswendig gelernt hat.
Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen dafür haben, wie Unternehmen im Bereich der künstlichen Intelligenz in Europa urheberrechtlich geschütztes Material handhaben.

Der Streit um Liedtexte

Der Fall wurde im November 2024 von der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA), der führenden deutschen Musikrechte-Organisation, eingereicht. Die Klage behauptete, dass die Sprachmodelle von ChatGPT Texte aus neun Liedern deutscher Künstler reproduzierten und verbreiteten, darunter Herbert Grönemeyers „Männer“ und Kristina Bachs „Atemlos“.

Die GEMA argumentierte, dass OpenAI urheberrechtlich geschütztes Material in seinen Trainingsdatensätzen verwendet habe, ohne Lizenzen zu erwerben oder erforderliche Gebühren zu zahlen. Richterin Elke Schwager vom Landgericht München I entschied zugunsten der GEMA und urteilte, dass OpenAI die Rechteinhaber für die unbefugte Nutzung entschädigen müsse. Das Gericht nannte jedoch keine genaue Schadenssumme.

Feststellungen und Begründung des Gerichts

Richterin Schwager sagte, sie sei „erstaunt“, dass OpenAI das, was sie als eine „klare Rechtslage“ bezeichnete, ignoriert habe. Das Gericht stellte fest, dass sowohl das Auswendiglernen der Liedtexte in den Modellparametern als auch die Wiedergabe dieser Texte auf Benutzeranfrage einen Verstoß gegen das deutsche Urheberrecht darstellen.

„Angesichts der Komplexität und Länge des Liedtextes kann Zufall als Ursache für die Wiedergabe der Liedtexte ausgeschlossen werden“,
schrieb das Gericht in seiner Pressemitteilung, die von Deutsche Welle zitiert wurde. Das Urteil stellte außerdem klar, dass die Verletzung nicht unter die Ausnahmen für Text- und Data-Mining gemäß dem deutschen und europäischen Urheberrecht fällt.

Richterin Schwager betonte, dass Urheberrechte eine Form des geistigen Eigentums seien, die Schutz verdienen, und dass jede Partei, die geschütztes Material verwendet, eine Erlaubnis einholen oder Lizenzgebühren zahlen müsse.
Das Urteil bestätigte, dass die Fähigkeit des Sprachmodells, nahezu identische Liedtexte auszugeben, eine aktive Speicherung geschützter Werke darstellt – nicht nur musterbasiertes Lernen.

GEMA feiert ein „bahnbrechendes“ Urteil

Nach dem Urteil sagte GEMA-Anwalt Kai Welp gegenüber Journalisten, die Organisation sei äußerst zufrieden mit dem Ergebnis.

„Das Ziel ist nicht, etwas vom Markt zu nehmen, sondern eine angemessene Vergütung zu erhalten“, sagte er.

Die GEMA bezeichnete das Urteil als Wendepunkt für Europa.
In ihrer Erklärung, die von mehreren Medien, darunter NHK und Reuters, zitiert wurde, hieß es:

„Zum ersten Mal in Europa wurde die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke durch generative KI-Systeme rechtlich bewertet und zugunsten der Urheber entschieden.“

GEMA-CEO Tobias Holzmueller fügte in von Reuters berichteten Kommentaren hinzu, dass der Fall zeige, dass kreative Werke nicht frei für unbegrenztes KI-Training seien:

„Das Internet ist kein Selbstbedienungsladen, und menschliche kreative Leistungen sind keine kostenlosen Vorlagen.“

Reaktion von OpenAI und mögliche Berufung

OpenAI widersprach dem Urteil entschieden.

„Wir stimmen dem Urteil nicht zu und prüfen weitere Schritte“,
sagte das Unternehmen in einer Erklärung gegenüber Deutsche Welle.

Ein Sprecher fügte hinzu: „Die Entscheidung betrifft eine begrenzte Anzahl von Liedtexten und hat keine Auswirkungen auf die Millionen von Menschen, Unternehmen und Entwicklern in Deutschland, die unsere Technologie täglich nutzen.“

OpenAI betonte, dass seine Modelle keine spezifischen Trainingsdaten speichern oder kopieren, sondern allgemeine Sprachmuster erlernen. Das Unternehmen argumentierte, dass alle von ChatGPT generierten Antworten das Ergebnis von Echtzeitanfragen der Benutzer seien – und daher keine direkte Wiedergabe durch OpenAI darstellten.

Das Münchner Gericht wies dieses Argument jedoch zurück und entschied, dass vollständige Wiedergaben, die im Modell gespeichert bleiben, nicht unter die zulässigen Text-Mining-Ausnahmen fallen. In dem schriftlichen Urteil heißt es:

„Das Training der Modelle ist nicht als eine übliche und erwartete Nutzungsform anzusehen, die der Rechteinhaber vorhersehen muss.“

Auswirkungen auf KI und Urheberrecht in Europa

Rechtsexperten sagen, dass das Ergebnis einen europäischen Präzedenzfall schaffen könnte, der festlegt, wie generative KI-Systeme urheberrechtlich geschütztes Material behandeln müssen. Die Begründung des Gerichts legt nahe, dass das Einbetten von Liedtexten in ein Modell, sei es absichtlich oder zufällig während des Trainings, einen Akt der Vervielfältigung im Sinne des deutschen Urheberrechtsgesetzes und der EU-InfoSoc-Richtlinie darstellt.

Die GEMA, die zuvor mit Plattformen wie YouTube und TikTok über Lizenzgebühren gestritten hatte, wird wahrscheinlich Lizenzverhandlungen mit KI-Unternehmen nach diesem Urteil anstreben. Die Entscheidung kann noch angefochten werden, und OpenAI hat signalisiert, dass es eine Klarstellung auf europäischer Ebene anstrebt.

Unabhängig vom Ausgang der Berufung unterstreicht das Urteil den wachsenden rechtlichen Druck auf KI-Entwickler, Transparenz bei Trainingsdaten sicherzustellen und faire Vergütungsmodelle für Kreative zu schaffen.

Betrüger nutzen Australiens Cybercrime-Portal aus, um Krypto zu stehlen | HODLFM.DE
AFP warnt: Kriminelle geben sich über ReportCyber als Polizisten…
hodl-post-image

Haftungsausschluss: Alle Materialien auf dieser Seite dienen nur zu Informationszwecken. Keines der Materialien sollte als Anlageberatung interpretiert werden. Bitte beachten Sie, dass trotz der Art vieler Materialien, die auf dieser Website erstellt und gehostet werden, HODLFM.DE keine Finanzreferenzressource ist und die Meinungen von Autoren und anderen Mitwirkenden ihre eigenen sind und nicht als finanzielle Beratung aufgefasst werden sollten. Wenn Sie eine solche Beratung benötigen, empfiehlt HODLFM.DE dringend, sich an einen qualifizierten Fachmann der Branche zu wenden.